Best of 2018 | Oktober

Der Jahresrückblick auf that new music blog | Im düsteren Oktober gibt’s die volle Ladung Diversität mit Eliza Shaddad, Lambert & Dekker, Parcels, Cursive, Leoniden, mewithoutYou, Wild Cat Strike, Tamino, Say Lou Lou und Visions In Clouds. Verdammt viel Gutes dabei.

Album | Lambert & Dekker – We share phenomena

Wieso schließen sich junge oder alte Menschen eigentlich zusammen und gründen mehr oder weniger offiziell eine Band? Klar, wegen des Musizierens. Ein nicht unbeachtlicher Teil dürfte hier aber auch das Gesellige ausmachen, sei es das entspannte Rumhängen mit liebgewonnenen Personen oder doch das Vernichten des ein oder anderen Pilsettchen nach Probenschluss. All diese Dinge haben Brooklyn Dekker und Lambert sicher auch mal irgendwann erlebt – bei ihrem neuen Projekt Lambert & Dekker aber sicher nicht. Hier haben die männliche Stimme von Rue Royale und der Berliner Neo-Klassik-Pianist mit der Maske nämlich unter ganz besonderen Bedingungen ein gemeinsames Album produziert. Während der Aufnahmen von „We share phenomena“ haben sich die beiden Künstler nicht ein Mal persönlich gesehen, ja nicht mal telefoniert, sondern nur Mails und Nachrichten ausgetauscht. Ergebnis: Die Chose klingt nicht nur wie der größte Vorteil einer medialisierten Welt sondern auch noch verdammt stimmig und gut. Zu Lamberts wie eh und je traumhaften Klavierspiel fügt Brooklyn Dekker simple Beats und smoothen Gesang hinzu. Ein sehr gelungenes Experiment, welches die beiden nun mit einer erfolgreichen, gemeinsamen Tour feiern konnten. Da wurde sicher auch mal ein Pils gekillt.

*In einem ausführlichen Bandporträt erfahrt ihr mehr über das Album sowie das Projekt Lambert & Dekker.*

Band | Parcels

Gefühlt seit Ewigkeiten, in Echt aber erst seit zwei Jahren sind Parcels aus der Festivalszene nicht mehr wegzudenken. Überall, wo die australischen Langhaar-Dackel die Bühne betreten, wird in der nächsten Stunde stilsicher und ausgiebig getanzt. Was dabei häufig nicht aufgefallen war: die Sunshine-Boys, die sich nun in Berlin eingerichtet haben, hatten da noch gar keinen Longplayer im imaginären Plattenregal stehen. Nach einer schicken EP, Standalone-Tracks wie „Overnight“ wurde dieses Jahr dann endlich das Debüt fällig. Und dieses konnte, nachdem Parcels mit starken Vorabtracks ihr Publikum behutsam an die Platte rangeführt hatten, auch durchgängig überzeugen. Ein wenig reservierter als auf der Bühne, dafür aber eben auch vielseitiger kommt das selbstbetitelte Album daher. Schunkel-Pop ist mit „Withorwithoutyou“ genauso vertreten wie der klassische Sommer-Charme, den Parcels in „Exotica“ am besten rüberbringen. Dazu kommen gelungene Überraschungen wie der eskalative Ausbruch am Ende des Acht-Minüter „Everyroad“. Ein weiteres gutes Jahr für die Band, die nun noch ausgelassener feiern kann als ohnehin schon.

*Genauer habe ich mich mit dem Debüt zum Release in einer Review befasst.*

Solo-Act | Eliza Shaddad

Nicht so sommerlich-fröhlich geht es hingegen bei Eliza Shaddad zur Sache. Nicht falsch verstehen, ihr Debüt „Future“ schlug vergleichbar große Wellen und fand insbesondere in ihrer britischen Heimat den Weg in viele Radios (ja, das hören Leute noch!). Die Laune der Künstlerin könnte also schlechter sein – in etwa so wie zu dem Moment, an dem Eliza den Großteil der Platte geschrieben hat. Diese bietet nämlich in ihrem dunklen 90s-Rock-Gewand so einige intensive Augenblicke, in denen man sich fragt, wie es um Elizas Verfassung denn so steht. Im Ganzen ein Breakup-Album thematisiert die Künstlerin die Schwierigkeiten einer Beziehung, die zu Brüche geht, weil einer der Liebenden den anderen trotz Zufriedenheit einfach nicht mehr so richtig liebt. Verdammt deep, vor allem wenn bestimmte Textfetzen aufgegriffen werden können, die mal eben das Herz zerfetzen. Hinzu kommt die wahrhaftig fantastische Gitarrenarbeit, die an Stellen („My body“ oder „Slow down“) auch verdammt schmerzvoll durch den Brustkorb bohrt. Keine leicht Kost, aber hui hui, ganz beeindruckend.

*Eine ausführliche Review über Inhalt und Hintergründe von „Future“ findet ihr hier. Außerdem hat Eliza vorab einige Fragen zum Song „My body“ beantwortet.*

Video | Cursive – Life savings

Halloween-Time. Cursive liefern mit dem Clip zu „Life savings“ einen wunderschönen, urkomischen Kontrast zu ihrer über-dramatischen Musik, die gut und gerne mal gegen die Apokalypse anspielt. Achtung: Bluuuuuutig!

*Das gesamte Album „Vitriola“ ist sehr hörenswert – gönnt es euch hier.*

Und sonst so?

Oktober ist Emo-Hochphase. Nicht nur die Helden von mewithoutYou veröffentlichen eine neue Platte – auch die Newcomer von Wild Cat Strike überzeugen und lassen mich auf ihrer Tour noch die ebenfalls starken I Feel Fine entdecken. Mit immer kürzer werdenden Tagen ist auch der Post-Punk hoch im Kurs: Mit Visions In Clouds und Boundaries veröffentlichen hier zwei eher unbekannte Acts spannende Werke. Auf der Songwriter-Seite zieht Tamino mit seinem düsteren Folk-Pop in seinen Bann, während Say Lou Lou im Dream-Pop-Gewand weite Sphären aufmachen. Straighter wird es hingegen auf der zweiten Platte der Leoniden, die beweisen, dass sie ihr Feuer noch längst nicht verschossen haben. „Again“ ist wieder sehr kurzweilig, es stellt sich jedoch eine etwas schnellere Abnutzung als beim Debüt fest.

Gesammelte Songs aus dem Oktober könnt ihr euch hier in aller Ruhe anhören:

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