Seit einigen Wochenenden ist die Festivalsaison offiziell gestartet. Nun muss man sich endlich wieder keine blöden Fragen mehr stellen, wenn Personen an der Supermarktkasse einige Paletten Dosenbier und Studentenfutter kaufen. Hach, ist das schön. Bei euch dauert’s noch ein bisschen oder ihr seid auf Entzug? Zum Glück ist es seit Jahren eine schöne Gewohnheit, Festivalauftritte für das Fernsehen oder Internet aufzuzeichnen. Hier kommen die fünf besten, im Internet verfügbaren Auftritte, denen ihr gleich die Gänsehaut zu verdanken habt.
5. Mando Diao – Sheepdog (Hurricane 2006)
Damit hier gleich kein Shitstorm losbricht, diese kurze Anmerkung: Nicht alle Videos hier sind in astreiner HD-Qualität vorhanden. Viel mehr geht es um die verbreitete Stimmung in der Performance. Und da sind Mando Diao mit „Sheepdog“ auf dem Hurricane Festival im Jahr 2006 einfach weit vorne dabei. In einer Zeit, in der diese großen Plastikfinger scheinbar noch in Mode waren, und in der die Schweden noch schnörkellose Rockshows gegeben haben. Guckt man sich die ausflippende Menschenmasse an, denkt man, die Welt wäre auf dem Weg zum Weltruhm. Ist dann ja doch ein bisschen anders gekommen. Aber dieser schöne Moment bleibt. Ein vollkommen abgefuckter Gustaf Noren spielt im langsamen Outro mit dem Nachmittagspublikum, bevor jenes dann komplett ausrastet und die Band so richtig auf den Putz haut. Auch charmant: das sicher so nicht geplante Zwischengerede der Moderatorin („ja, und dann nehm ich die Performance so ab…“) in der Bridge. Wird dann aber auch von Mando Diao schnell wieder an den Rand der Tonspur gespielt.
4. Beatsteaks – Let me in (Rock am Ring 2007)
„Lass mal für’n Moment legendär werden“ sagte er und wusste gar nicht welche Auswirkungen die folgende Aktion für die Rock am Ring-Geschichte haben sollte. Das erste Hinsetzten bei „Let me in“, bei Rock am Ring 2007, ist oft wiederholt und doch unerreicht. Nicht nur die Beatsteaks selber haben es erneut versucht (2011, 2014, 2017), auch andere Live-Kracher wie Kraftklub haben sich jener Aktion verschrieben. Nichts schlägt jedoch das Original. Nachdem die Beatsteaks am frühen Abend als Co-Headliner der Ärzte schon ordentlich den Platz aufgeweicht haben, hauen sie noch diesen Knaller von „Living targets“ raus. Die Menge tanzt und schubst und eskaliert. Da darf man sich auch mal ausziehen und wie Arnim mit einem Vorwärtssalto ins Publikum hüpfen. Für die Beatsteaks, die danach weiter auf der Karriereleiter kletterten, sicher ein Bandhighlight. Und für Rock am Ring definitiv auch.
3. Faithless – Insonnia (T in the Park 2010)
Nach eher rockigen Tönen zeigt dieses Video, was passieren kann, wenn Zehntausende zu einem Elektro-Riff die Party ihres Lebens schmeißen. Nicht zu irgendeinem Elektro-Riff muss man sagen. „Insomnia“ von Faithless kann man ohne schlechtes Gewissen als Meilenstein der elektronischen Musik bezeichnen. Ein Song aus den 90ern, der auch heute seine Bedeutung nicht verloren hat und auch gerne mal direkt neben schrecklichem Material von Tiesto und Co. gespielt wird. Wieso Faithless in einer ganz anderen Liga spielen, zeigt dieser Auftritt vom schottischen T in the Park eindrucksvoll. Auf ihrer damaligen Abschiedstour beweisen die Briten, dass Elektro nicht nur live gespielt werden kann, sondern eben auch sollte. Wenn Sister Bliss nach kurzem Intro mit absoluter Coolness die Melodie ihres Lebens auf den Synthesizer drescht, wird im Hintergrund das Euphorie-Level 456.392 erreicht. Sänger Maxi Jazz kann da auch nicht mehr machen als in seinem Schottenrock dazustehen, und die vollkommen ausflippende Menge zu genießen. Als dann die Percussions, Drums und der Bass einsteigt wird frenetisch weitergefeiert – Bengali inklusive. Eine Massenparty, von der sich alle EDM-Musiker und Musikerinnen gehörig etwas abgucken können.
(Leider kann das Video nicht eingebunden werden. Ihr müsst also AUF DIESEN LINK klicken.)
2. Arcade Fire – Wake up (Reading 2010)
Schon jemandem aufgefallen, dass bisher alle Auftritte im Tageslicht stattfanden? Das ändert sich mit diesem kleinen Stück puren Glückes, welches man auf YouTube finden kann. Es ist eventuell der Moment, in dem Arcade Fire zur wichtigsten und besten Indie-Band der heutigen Zeit aufgestiegen sind. Auf der Tour zum Drittling „The Suburbs“ stehen die Kanadier auf den Festivalplakaten auf einmal ganz oben, und das – wie Win Butler während des Gigs sagt – ohne einen wirklichen Hit gehabt zu haben. Während des gesamten Konzerts und vor allem mit dem legendären Finale „Wake up“ geben Arcade Fire zu verstehen, wie sie es dorthin, und später von dort noch weiter, geschafft haben. Während „Wake up“ bleibt keine Stimme still und keine Seele unberührt. Der gesamte Platz hebt seine Arme, schreit und bringt die Band damit zu Höchstleistungen. Es herrschen glückliche Gesichter auf der Bühne, vor allem im leichtfüßigen Schlussteil, der hier zu einer einzigen Party ausartet und ein geniales Konzert großartig abschließt. Legende.
1. Newton Faulkner – Bohemian rhapsody (T in the Park 2010)
Würde es nach ganzen Shows gehen, hätte der zweite Platz definitiv gewonnen. Es gibt da aber noch diesen einen Moment, diese eine Performance, die in seiner Einzigartigkeit einfach gewinnen muss. Der britische Gitarrist Newton Faulkner hat sich auf der Insel zwar auch mit seinen eigenen Songs einen Namen gemacht. So richtig flippen zehntausende Schotten aber erst bei seinem absolut magischen Queen-Cover aus. Und zwar hat sich der 32-Jährige für diese Gelegenheit den wohl am schwersten coverbaren Track überhaupt ausgesucht. Nur mit einer Akustikgitarre spielt Newton Faulkner auf dem T in the Park das Meisterwerk „Bohemian rhapsody“ – zurecht häufig als der beste Song aller Zeiten bezeichnet. Dem komplexen Über-Track zollt der Gitarrist mehr als Tribut, geholfen wird ihm dabei vor allem im Mittelteil vom feierwütigen Publikum. Es folgt einer der schönsten Konzertmomente im Internet überhaupt. Newton Faulkner haut einen Verzerrer auf seine Akustik-Klampfe und rifft sich durch den frenetischen Fast-Schluss-Part. Und unter den zahlreichen Zuschauern breitet sich eine ohrenbetäubende Euphorie aus. Ein Mann und 6 Saiten bringen einen ganzen Platz zum Ausflippen. Absoluter Wahnsinn!
Genießt es einfach!