HYMMJ (Band) | Porträt + Interview

Interview und Porträt von/mit der Band HYMMJ | Nicht noch eine Indie-Band aus Berlin, denkt ihr? Doch aufgepasst: HYMMJ sind wirklich besonders und machen soweit das Auge blicken kann, eigentlich alles richtig. Ihre just erschienene zweite EP „Nobody can see us“ beglückt die Welt mit ausgefeiltem Soundbild und pointierten Melodien. Kann groß werden, und gehört damit hier jetzt vorgestellt!

Gut getroffen:

Musikstik – das sagt die Band:

„Nostalgic Future Pop“ erscheint leicht prätentios im digitalen Musikplayer des Vertrauens als angegebenes Genre. Jetzt wisst ihr Bescheid, wa? Im Interview unten erklären die Jungs, wie es zu diesem Begriff kam.

So klingen HYMMJ eigentlich:

Im Großen und Ganzen erstmal wie eine Band aus dem gut gefüllten IKEA-Schrank voller Schubladen à la Indie, Alternative, Pop, Rock. Manchmal ertönen die modernen Foals im Mittelohr, dann erinnern HYMMJ atmosphärisch an Slut und ihr Meisterwerk „Lookbook“ – gesangsmäßig sind Ähnlichkeiten zu Luke Pritchard (The Kooks) oder Frederik der immer noch durchstartenden Giant Rooks erkennbar. Nie sind diese Einflüsse aber mehr als Andeutungen.

Mitglieder:

Die vier in Berlin lebenden Jungs Sønke, Samuel, Max und Elias bedienen mit ihrer schwarzen Kleidung und dem leicht coolen Blick ein wenig das Musikerklischee – zumindest auf den Pressefotos. Muss vielleicht auch wirklich einfach genauso sein!

Besonderheit:

Vielleicht ist es die im Vergleich zu anderen Bands des Spektrums spärlich eingesetzte Gitarre? Die dominanten Keys? Oder einfach die stringente Mischung aus Innovation und dem Rückgriff auf Bekanntes. HYMMJ schaffen es zeitgleich mit unbekannten Sounds und stetig wechselnden Strukturen zu überraschen, bewahren aber bei alldem durchgängig einen eigenen Sound und liegen damit um Längen vor vielen vergleichbaren Truppen.

Aktuelles Werk:

Eine wirklich tolle Ansammlung von fünf Stücken ist die EP „Nobody can see us“, die insgesamt zweite im Hause von HYMMJ. „Perfume“ eröffnet noch unverschämt mysteriös und bleibt auch mit Einsatz des mörderischen Beats nach knapp zwei Minuten dystopisch und düster. Spannend, dass die Berliner Band mit einem derart fordernden Track beginnt und nicht dem direkt folgenden „Giving myself a chance“, welches flugs ins Ohr schwebt, aber gerade nach diesem Auftakt mit seiner wehmütigen Spannung fasziniert. Gegen Ende nimmt das Stück richtig Fahrt auf, was schließlich mit dem folgenden Upbeat-Track „Call me“ fortgesetzt wird. „Jovian“ ist hingegen eine phänomenale Indie-Pop-Single, die insbesondere vom Bass lebt, wohingegen „A giraffe and a whale“ verstörend und groovend die EP auf einer bis dahin unbekannten Note beschließt.

Zentraler Song:

Schwierig sich aus der diversen EP einen Song rauszupicken, was wiederum sehr für eben jene und das zugrundeliegende Konzept spricht. Schon letztes Jahr hatte dafür mit „Magnetic heart“ ein einzelnes Stück zurecht für Aufsehen gesorgt, und das zurecht. Der Track vereint in knapp über fünf Minuten die verschiedenen Stimmungen und Talente von HYMMJ. Schon damals begleitend zum Interview hieß es da meinerseits: „Ein sich schön aufbauender Track, der vor allem in den dynamischen Momenten mit seinen pointierten Gitarrenausbrüchen berührt. Sticht heraus aus der Masse künstlerisch wertvoller Indie-Bands.“

Fun-Fact:

Gefördert wurde die neue EP übrigens von der Initiative Musik, die seit eh und je ein Lichtblick im Hinblick auf die Förderung junger Talente in Good Ol‘ Germany ist.

Das sagen die Zyniker:

Schöne Melodien, ja, aber was säuselt der Sänger da immer so prätentios rum?

Passend zu:

Tristen Zugfahrten, bei denen der stetige Regen ans Fenster klatscht, während die müde dreinblickende Zugbegleiterin den neueste Stand der Verspätung durchsagt und über Anschlusszüge informiert. Ist zwar auch wieder ein Klischee, aber: HYMMJ bieten die Möglichkeit zur großartigen Alltagsflucht. Sänk ju for trävelin wis gut mjusik.

Drei Fragen an HYMMJ

Wie habt ihr euren Musikstil gefunden? War da zuerst die Idee oder hat sich das mit der Zeit ergeben?

Gefunden ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Unser Stil entwickelt sich ständig weiter und wir bleiben immer auf der Suche. Die Entwicklung basiert wahrscheinlich vor allem auf unseren Musikgeschmäckern. Beim Musik hören bleibt ja das hängen was einem am meisten gefällt. Da wir ziemlich durchmischt jeden Stil hören, hat unsere Musik ein ziemlich breites Spektrum an Einflüssen. Unser Musikstil ergibt sich eher, als dass wir ihn planen.

Eure Musik ist mit „Nostalgic Future Pop“ getaggt. Wie kamt ihr zu dieser Bezeichnung?

Das war eine spontane Aussage im Studio die uns in dem Moment begeistert hat und irgendwie hängen geblieben ist. Nostalgisch sind wir bezüglich der Musik des letzten Jahrhunderts und dem ganzen kreativen Drumherum. Einflüsse aus dem Pyschedelic Rock, gerade bei unseren Liveshows… Wir sind trotzdem nicht retro, sondern vermischen irgendwie Psychedelic Blues-Rock attitudes mit modernen Themen und Pop sounds. Von daher passt das schon sehr gut.

Wie versucht ihr es, euch in einer Stadt wie Berlin von den zigtausend anderen Indie-Bands abzusetzen?

Eigentlich machen wir einfach unsere Musik und die setzt sich dann im besten Fall von alleine ab. Gerade unsere Liveshows haben vielleicht eine spezielle Intensität, die nicht leicht zu beschreiben ist. Wir haben an uns selber den Anspruch extrem gute, originelle Songs zu schreiben und diese bei Konzerten so gut wie nur möglich zu performen. Ob es funktioniert wird man sehen, aber wir machen einfach das, worauf wir Lust haben.

Genug gelesen, jetzt darf eifrig gehört werden:

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