Keele – Gut und dir (LP)

KEELE? Wer ist das denn?

Fünf Jungs aus Hamburg, die gerade dabei sind die deutsche Punkrock-Szene gewaltig aufzumischen. Dabei steht das Quintett noch gewaltig am Anfang. Zumindest auf dem digitalen Blatt existieren Keele erst seit wenigen Monaten. Studiert man deren Facebook-Page, fällt auf, dass der erste Post vom Jahresauftakt 2017 ist. Und dieser hat es in sich: Ankündigung des Debüts „Gut und dir“, das über das durchaus renommierte Label Rookie Records (u.a. Love A) erscheint. Gut vier Monate später ist das Ding da – und es ist ein Spektakel!

Was geht auf „Gut und dir“ musikalisch so?

Eine konsequente, eigenständige Mischung aus zahlreichen bekannten Elementen der deutschen Gitarren-Musikszene zieht sich durch die gut 30 Minuten von „Gut und dir“. Eine Mischung, die auf den Punkt bringt, wie ein Gitarrenalbum im Jahre 2017 klingen soll. Und es knallt. Von einer angezogenen Handbremse kann wahrlich nicht die Rede sein. Der Opener „Sauerstoff wird knapp“ resümiert dies in einer guten Minute ganz formidabel. Es folgen zehn weitere Lieder um die drei Minuten-Grenze, irgendwo zwischen Auf-die-Fresse-Punk und Melancholie und Melodie der „Hamburger Schule“. Nennt es Alternative, Punk, Pop, Rock oder Post-Hardcore – es ist verdammt stimmig.

Welches sind die großen Momente auf „Gut und dir“?

Vielleicht spricht hier die Anfangseuphorie – es kann aber auch gut sein, dass es sich einfach um einen Fakt handelt: Alle elf Songs hätten das Potential zur Single-Auskopplung und mindestens zur Erwähnung in der Antwort zu dieser Frage. Aus Platzgründen eine kleine Auswahl der markantesten Momente:
Die erste Single „Terminal“ bietet ein grandioses Gitarrenriff und einen ebenso großen Refrain, der sich so schnell nicht verabschiedet. In der Bridge geben die Instrumentalisten alles – ein episches Zwischenspiel. Textlich überzeugen hingegen das viele Mitt-Zwanziger berührende „Siebenundzwanzig“ und das plakative und doch einfühlsame Willkommen-und-Nazis-raus-Lied „Über Grenzen“, dessen mitreißender Refrain Gänsehaut verursacht. Weitere Energie-Refrains gibt es außerdem in „Uwe Hochmut“, „Geister“ und „Sektempfang“. All diese großen Momente kumulieren im epischen „Grauwal“, das spätestens im großen Instrumental-Outro alle Dämme brechen lässt. Ich bin völlig mitgenommen. Ehrlich!

Können Keele in der ersten Liga mitspielen?

Um dies zu beantworten kommen auch Keele nicht darum herum, sich dem Vergleiche-Spiel zu stellen – um die neue Truppe einzuordnen. Dann wollen wir mal! Textlich sind Keele weniger abstrakt als die Kumpanen von Turbostaat und Heisskalt und nicht so poetisch wie die Labelkollegen Love A. Dafür gelingt ihnen mit scharfen, direkten Zeilen voller Gesellschaftskritik ein Schuss ins Schwarze (der Titeltrack und „Sektempfang“ als beste Beispiele). Musikalisch sind die Post-Hardcore-Einflüsse und Turbostaat-Gitarren nicht zu überhören. Hinzu kommt ein „Gesang“, der im ersten Moment an die Kraftklubber denken lässt – deren Niedlichkeit aber mit der gewissen Ladung Energie und Aggressivität locker in ihre College-Jackentasche steckt. Was heißt das für Keele? Klar, Vergleiche können und müssen zwangsweise gezogen werden. Aber die Hamburger setzen mit ihrer eigenen Spielweise den „Großen“ ein i-Tüpfelchen auf und wirken auf diesem Debütalbum in keinem Moment wie eine Kopie. Keele mögen vielleicht den FC St. Pauli supporten (zumindest spielen sie auf dessem Festival) – musikalisch reicht’s aber locker für die Bundesliga.

Was muss ich wissen, um meine Freunde zu beeindrucken?

Wie oben erwähnt, existieren Keele in den sozialen Medien erst seit dem 1. Januar 2017. Die Band gab es aber logischerweise davor schon. Der Investigativdetektiv vermutet hier eine eiskalte Auslöschung alter Inhalte. Die fünf Jungs von Keele kennen sich aus ihren jungen Jahren aus der Pampa um Hamburg. Irgendwann fingen sie an Musik zu machen – und bewarben sich schließlich eines Tages bei Rookie Records. Als erste Band überhaupt bei Rookie Records gelingt ihnen dieser Quereinstieg per Bewerbung und die Fünf nehmen jenes heute hörbare Debüt auf. Und der Bandname? Stammt von der Straße auf dem ersten Foto einer Kanada-Reise von Gitarrist Alex – der in diesem Moment die Band dezimierte. Et voilà, Wikipedia-Absatz fertig!

Wann sollte ich „Gut und dir“ am besten auflegen?

In Euphorie-Momenten. „Gut und dir“ versprüht eine einzigartige Energie, die der ohnehin schon großartigen Stimmung an einem Freitagnachmittag nach der Arbeit oder einer Uniwoche noch eine Schippe Freude hinzufügt. Ein Album, das auf voller Lautstärke und Kopfhörern dazu führen kann, dass man sich dabei ertappt mitzusingen, Freudensprünge auf der Straße zu machen oder ein gutes Stück schneller zu laufen. Also, mind your step. Das ist eine Euphorie-Bombe!

Gefallen gefunden? Der phänomenale Closer „Grauwal“ ist auch im aktuellen that new music mix zu finden – auf dieser Seite nicht zu verfehlen.

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