Review zu „Again“ von Leoniden | Das ging flott. Nur gut eineinhalb Jahre nach ihrem berauschenden Debütalbum sind Leoniden mit dem Nachfolger „Again“ am Start. Auf diesem spinnt die Kieler Formation ihren euphorisch-neuen Indie-Rock einfach weiter – und schraubt an einigen Punkten, damit es auch ja nicht langweilig wird. Hier in der Review.
Leoniden? Schon wieder?
Ja, schon wieder. Vor erst eineinhalb Jahren haben die Kieler Indie-Überflieger mit ihrem Debütalbum die deutsche Indie-Musikszene so richtig aufgemischt. Dickes Lob von fast allen Seiten – auch ich war komplett begeistert und machte die Scheibe gleich zu meinem Album des letzten Jahres. Und jetzt? Schon als die Band für diesen Herbst eine weitere Tour ankündigte, konnte man erahnen, dass da was im Busch ist. Als schließlich im Sommer mit „Again“ der Nachfolger zu „Leoniden“ angekündigt wurde, waren Freude und Erstaunen gleichermaßen groß. Was für eine geile Band – machen die einfach schon wieder ein Album. Hier wird auf der Welle geritten. Die Kuh gemolken. Aber im künstlerischen Sinne und nicht im ökonomischen. Wieso nicht einfach weitermachen, wenn man gerade einen Lauf hat, derartige Kreativität versprüht und weiterhin Lust hat gefühlt 100 Gigs pro Jahr zu spielen? Natürlich schwebt da die Angst mit, dass das neue Material eventuell nicht ausgefeilt genug ist – einfach nur ein Abklatsch, schnell hingeschludert. Aber bereits mit den ersten Vorabtracks entkräftigten die Kieler Jungs jene Sorge. „Kids“ entwickelte sich zum Festival-Hit, „River“ zeigte eine fast unbekannte, intensive Seite der Band und „Alone“ traute sich was. Noch bevor „Again“ nun veröffentlicht wird, stehen also schon wieder drei Knaller zu Buche, die insbesondere bei Musikschaffenden, die ansonsten drei Jahre für ein Album benötigen, für Neid sorgen dürften. Aber gut, drei Songs machen noch kein Album.
Wie verhält sich „Again“ im Vergleich zum Debütalbum?
Um das Selbstverständliche kurz vorwegzunehmen: Leoniden klingen auch auf „Again“ weiterhin nach Leoniden. Gerne als besondere Mischung aus Portugal. The Man, The Mars Volta und Justin Timberlake betitelt, bleiben die Fünf ihrem Signature-Sound weitgehend treu. Auch charakateristische Elemente, die das Debütabum auszeichneten tauchen wieder auf. Der „Mädelschor“ verleiht vielen Tracks die nötige Portion Catchiness und darf in „Why“ sogar mal ganz alleine eine Zeile singen. Auch die fantastischen C-Parts, die junge Klassiker wie „Nevermind“ und „Sisters“ ausmachten, sind weiterhin vertreten – wenn auch gerne mal etwas versteckter wie in „People“. „Down the line“ bekommt hingegen eine spannende Bridge verpasst. Vom Soundbild fällt auf, dass Leoniden vermehrt auf Piano-Parts setzen und dafür teilweise die Gitarre ein wenig in den Hintergrund schieben. Nicht falsch verstehen, rockige Refrains gibt es weiterhin en masse („Colorless“ oder „One Hundred-Twenty-Three“) – insbesondere in die Strophen schleichen sich neben klassischen Klavier-Tönen aber auch immer wieder Streicher-Samples ein, die teilweise ganze Songs gestalten. Schön ist dabei immer die Abwechslung, wie beispielsweise „Not enough“ zeigt, welches zwischen einem ekletischem Refrain und tänzelnden Gitarren umherschwingt.
Wie ist das Album aufgebaut?
Wie schon auf der ersten Platte beginnen Leoniden mit ihren drei Singles. Was ansonsten ja gerne ein Zeichen von viel Füllmaterial ist, erweist sich aber auch hier nicht als wahr. Nach dem doch etwas gewöhnungsbedürftigen, weil sehr Timberlake-Bruno-Mars infizierten „Alone“ zieht „Down the line“ an den Rock-Fäden und bringt ein wenig Härte rein. „People“ ist ähnlich tanzbar und stolziert mit viel Piano und gnadenlosem Disco-Beat umher. In der Albummitte nimmt das soul-poppige „Why“ dezent das Tempo raus und lädt nahezu zum Schmusen ein. Der wilde Bass des folgenden „Colorless“ weckt hingegen schnell wieder auf, ehe Jakob und Co. in „One Hundred-Twenty-Three“ gar eine ihrer für gewöhnlich auf der Bühne zelebrierten Jam-Sessions einem Song angefügt haben. Das Ende der Platte gerät mit dem smoothen „Slow“ versöhnlich. Ganz zart haucht Jakob hier im Falsett über die zuckersüßen Instrumente, die sich ein wenig beim R’n’B bedienen.
Was sind die großen Momente?
Gleich zu Beginn liefern die Kieler Jungs mit „River“ einen Knaller ab, über den sich besonders Musikjournalisten freuen. Können sie immerhin schön schreiben, die Band sei nun erwachsen geworden und habe sich sowohl textlich als auch musikalisch weiterentwickelt. All diesen Floskel-Quatsch beiseite geschoben bleibt ein faszinierender Killer-Track, der insbesondere mit seinem furiosen Ausbruch im Refrain ein Ausrufezeichen setzt. Wie das folgende „Kids“, welches in jeglichem Radio Sommer-Hit sein müsste, ein verdammt kompletter Track – perfekt ausbalanciert zwischen Kante und Schmissigkeit. Im Gesamten überzeugt auch das früh kommende „Down the line“, welches instrumental relativ klassisch bleibt aber gerade durch diese Rückbesinnung auf die eigentlichen Leoniden-Instrumente gefällt – vom Top-Refrain mal ganz abgesehen. Interessant sind auch immer wieder kleine Sound-Spielchen, die auf „Again“ vermehrt auftreten. Das ansonsten sehr geradlinige „People“ bekommt am Ende des Festivalwiesen-Singalong-Refrains einen kurzen, fast dissonanten Part verpasst, den sowohl Gitarre als auch das Streicher-Samples mit Klasse interpretieren. Hätte nicht sein müssen, aber dass die Band diesem großen Radio-Refrain ein derartiges Detail hinzufügt, macht sie einfach sympathisch.
Wann sollte ich die Platte hören?
Auch wenn „Again“ in Sachen Euphorie und Furiosität nicht ganz mit dem noch einen Tick kurzweiligeren Debüt mithalten kann, ist es ein Spaß-Album geworden. Eine Platte, die antreibt und an allen Ecken Dynamik versprüht. Daran ändern auch die vermehrten Mid-Tempo-Tracks nichts. Eine klassische HörEmpfehlung ist da zum Beispiel die schon viel zu lange nicht mehr gemachte Jogging-Halbe-Stunde, die mit „Again“ auf den Ohren wie im Flug vergeht. Abendliches Potential gibt es selbstverständlich auch – schließlich einigen sich für gewöhnlich viele verschiedene Geschmäcker auf die Leoniden. Genug Pop-Appeal, um die Musikuninteressierten bei Laune zu halten und so viele aufregende Details, dass so schnell niemandem langweilig wird. Erst recht nicht, wenn diese Band weiterhin in diesem Rhythmus derartig Qualität abliefert.
Wie sieht’s bei euch aus? Schon wieder bereit für die Leoniden? Dann hört euch jetzt die Platte an:
Auf Tour geht’s natürlich auch wieder – und bei der Schedule spielen Leoniden sicher mal in eurer Nähe:
01.11.2018. Bremen, Tower (Ausverkauft)
02.11.2018 Göttingen, Musa
03.11.2018. Münster, Gleis 22 (Ausverkauft)
07.11.2018 Hamburg, Knust (Ausverkauft)
08.11.2018 Berlin, Lido (Ausverkauft)
09.11.2018 Leipzig, Naumanns (Ausverkauft)
10.11.2018 Chemnitz, Atomino (Ausverkauft)
12.11.2018 AT – Wien, B72
14.11.2018 AT – Graz, Forum Stadtpark
15.11.2018 AT – Salzburg, Rockhouse
16.11.2018 AT – Linz, Posthof
17.11.2018 AT – Lustenau, Carinisaal
20.11.2018 Augsburg, Kantine
21.11.2018 CH – Zürich, Exil
22.11.2018 CH – Bern, Rössli
24.11.2018 Freiburg, ArTik
25.11.2018 Heidelberg, Halle 02 Club
27.11.2018 Stuttgart, ClubCann (Ausverkauft)
28.11.2018 LUX – Luxemburg, Rotondes
29.11.2018 Wiesbaden, Schlachthof (Ausverkauft)
30.11.2018 Erlangen, E-Werk PULS Festival
01.12. München, Funkhaus PULS Festival (Ausverkauft)
04.12.2018 Aachen, Musikbunker
05.12.2018 Köln, Gebäude 9 (Ausverkauft)
06.12.2018 Oberhausen, Druckluft
07.12.2018 Hannover, Musikzentrum (Ausverkauft)
08.12.2018 Rostock, Peter Weiss Haus
14.12.2018 Kiel, Max (Ausverkauft)
05.02.2019 Köln, Gloria
06.02.2019 Koblenz, Circus Maximus
07.02.2019 Saarbrücken, Kleiner Klub
08.02.2019 Tübingen, Sudhaus
09.02.2019 Offenbach, Hafen 2
11.02.2019 Würzburg, Cairo
14.02.2019 Berlin, SO36
15.02.2019 Leipzig, Conne Island
16.02.2019 Dresden, Beatpol
20.02.2019 Regensburg, Alte Mälzerei
21.02.2019 Ulm, Cabaret Eden
22.02.2019 AT – Innsbruck, p.m.k.
24.02.2019 München, Hansa 39
26.02.2019 Konstanz, Kulturladen
27.02.2019 CH – Baden, Werkk
28.02.2019 CH – Basel, Sommercasino
01.03.2019 Karlsruhe, Substage
02.03.2019 Jena, Kassablanca
05.03.2019 Dortmund, FZW
06.03.2019 Oldenburg, Amadeus
07.03.2019 Bielefeld, Forum
08.03.2019 Hamburg, Uebel & Gefährlich