Leoniden live in Saarbrücken | Konzertbericht

Konzertbericht Leoniden in Saarbrücken | Die Indie-Spaßmaschine aus dem hohen Norden zieht wieder durch die Republik. Auf ihrer umfassenden Tour machen die Leoniden am dritten Abend auch in der Saarbrücker Garage Halt – und faszinieren ein Mal mehr, wenn auch anders.

Anlass:

Leoniden? Again? Ha, hat sich die dauertourende Truppe aus Kiel wohl gedacht und ihr weniger als zwei Jahre nach dem Debüt kommendes Album einfach gleich „Again“ genannt. Und da der Indie-Fünfer schon immer für die Bühne lebte und auf dieser immer eine wohlüberlegte und rasante Show präsentierte, geht es natürlich gleich wieder auf ellenlange Tour. Der ersten Rutsche im November folgt eine zweite, die gefühlt jede halbgroße Stadt der Republik abklappert.

Venue:

Anstelle des ursprünglich angedachten Kleinen Klub empfängt an jenem Donnerstagabend die zugehörige, deutlich größere Garage die saarländischen Leoniden-Fans. Und die knapp 1000-Mann-und-Frau-große Halle wird auch benötigt. Fast voll ist die Venue schon zu Beginn des unterhaltsamen Support-Sets von Blond. Das Chemnitzer Trio vergnügt mit einer abwechslungsreichen Show, die vor allem am Ende immer größere teile des Publikums in den Bann zieht. Ansonsten sind die Bierschlangen ziemlich lang, aber hey – immerhin hat man selbst von dieser gute Sicht auf die Bühne.

Publikum:

Ein Blick in die große Runde bestätigt die These, die ich mir auf dem Weg zum Konzert so schön zurechtgelegt habe: Leoniden sind einfach die liebste Boygroup der alternativeren Gesellschaft. Das Publikum ist extrem jung, leicht überdurchschnittlich weiblich und zeichnet sich neben dem Besitz vieler Fanshirts insbesondere durch das Tragen von Piercings, einigen Tattoos, Chokern und hier und da gefärbten Haaren aus. Als es dann losgeht, ist der Jubel so groß wie das Commitment, überall werden Texte mitgesungen und hier und da auch mal ganz dezent gekreischt. Das Allertollste: Smartphones bleiben größtenteils in der Tasche und die Musik steht 100 Mal stärker im Mittelpunkt als irgendwelche Selbstprofilierung auf assozialen Netzwerken. Wenn mehrere hundert junge Personen „fuck it all, we killed it tonight“ singen und dabei den Spaß ihres Lebens haben: Da geht das Herz auf.

Dramaturgie:

Leoniden spielen einen waschechten Mix ihrer beiden Platten und kreieren damit ein ausgeglichenes Programm. Auffallend ist, dass es im Vergleich zu älteren Shows insgesamt ein bisschen reservierter und weniger rasant zur Sache geht. Die Betonung liegt auf „im Vergleich“. Weiterhin reißen die Kieler Jungs durch und durch mit, zum Beispiel wenn früh das vertrackte „Iron tusk“ erklingt. Nur einige Minuten später werden aber zum verträumten „Why“ in pinkem Licht Arme durch die Luft gewedelt. Ein bisschen Kitsch muss sein. Kommentarlos reißt „1990“ nach etwa 25 Minuten das erste Mal den Laden ab, ehe es mit Stücken wie dem schönen „Slow“ bedächtig weitergeht. Den Auftakt zum Abschluss bietet das amüsante Drake-Cover „Hotline bling“. Das live wunderbar funktionierende „Alone“ wird schließlich vom druckvollen „Kids“ übertrumpft. Für die dreifache Zugabe verpackt Sänger Jakob zunächst „Storm“ als Leoniden-ungewöhnliche Ballade, bevor „Nevermind“ und „Sisters“ im unschlagbaren Duo das Saarland voller Endorphine in die Kälte entlässt.

SpecialFX:

Von ihrer wilden Bühnenpräsenz und Show haben die fünf Jungs ganz und gar nichts verloren. Felix und JP halten die zeitweise ziemlich spektakuläre Rhythm-Section zusammen, während Djamin und Jakob immer noch wie Flummis um das mittlere, mit ordentlich Cowbells ausgestattetes Bühnenelement hüpfen. Dieses ist auch immer wieder Zentrum für ausführliche, dem Elektro entliehene Jams, die besondere Momente kreieren. „1990“ wird so spektakulär in die Länge gezogen. Licht und Sound harmonieren wunderbar miteinander und sind in bester Hinsicht unauffällig perfekt. Mittelpunkt der Bühnenpräsenz bleibt Lennart an der Gitarre, wobei hier eher die Gitarre am Lennart zutrifft. Wie ein Helikopter fliegt die Klampfe immer wieder um den völlig durchdrehenden Musiker, der sich außerdem in ruhigeren Momenten wie eine Mücke dem Scheinwerfer zugezogen fühlt und diesem mehr als nahe kommt. Eine Wahnsinnsperformance, bei der sich der ganze Raum fragt, wie zur Hölle der Kollege das 30 Shows lang aushält.

Ansagen:

„Die Garage ist ein schöner Laden, leider müssen wir ihn jetzt abreißen“ gewinnt das goldene Herzchen für die kürzeste und pointierteste Ansage des Abends. Sekunden später startet „Nevermind“ und bläst tatsächlich kurz vor Schluss nochmal wild jodelnde Zuschauer in der Gegend umher. Ansonsten halten die ans Publikum gerichteten Worte die Stimmung hoch, ohne dabei allzu lang oder abgedroschen zu werden. Gleich zu Beginn gibt’s noch einen kleinen Fun-Fact: Den im Saarland geborenen Jakob erwartet ein Haufen familiärer Schaulustiger im Saal, was laut eigener Aussage zu leicht erhöhter Aufregung führt. Schön. Ehrlich.

Moment des Abends:

Lange überzeugen vor allem die älteren Leoniden-Stücke, da sie ihren neueren Brüder in Punkto Druck und Power doch überlegen sind und somit in der Konzertsituation noch besser funktionieren. Das knappe Blatt wendet sich jedoch mit dem großen „River“, welches auch auf der Bühne für den emotionalen Höhepunkt sorgt. Insbesondere die ruhige Stelle vor dem magisch-kraftvollen Refrain ließe die Luft anhalten, wenn nicht zeitgleich inbrünstig mitgesungen werden müsste.

Und sonst so?

Alles gesagt, ein wunderbarer Abend mit glücklichen Menschen auf allen Seiten. So viel positive Energie!

Gut getroffen:

Die Leoniden-Tour geht weiter und ich empfehle ich euch absolut dabei zu sein – wenn es denn für die Stadt in eurer Nähe noch Tickets gibt.

08.02. Tübingen, Sudhaus (ausverkauft)
09.02. Offenbach, Hafen 2 (ausverkauft)
11.02. Würzburg, Cairo (ausverkauft)
12.02. Würzburg, Cairo (ausverkauft)
13.02. Berlin, SO36 (ausverkauft)
14.02. Berlin, SO36 (ausverkauft)
15.02. Leipzig, Conne Island (ausverkauft)
16.02. Dresden, Beatpol (ausverkauft)
19.02. AT – Wien, Grelle Forelle
20.02. Regensburg, Alte Mälzerei (ausverkauft)
21.02. Ulm, Cabaret Eden (ausverkauft)
22.02. AT – Innsbruck, p.m.k.
23.02. AT – Sankt Peter am Wimberg, Mezzanine Club
24.02. München, Technikum (ausverkauft)
26.02. Konstanz, Kulturladen
27.02. CH – Baden, WERKK
28.02. CH – Basel, Sommercasino
01.03. Karlsruhe, Substage
02.03. Jena, Kassablanca
04.03. Magdeburg, Musikkombinat
05.03. Dortmund, FZW (hochverlegt)
06.03. Oldenburg, Kulturetage (ausverkauft)
07.03. Bielefeld, Forum (ausverkauft)
08.03. Hamburg, Große Freiheit 36 (ausverkauft)
27.03. CZ – Brno, Eleven Club
28.03. CZ – Prag, Café V Lese
14.12. Kiel, Halle400 (Jahresabschlusskonzert)

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