Lydmor – Capacity (Album)

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich an dieser Stelle schon am Beispiel der Band Typhoon darüber sinniert, was man als Künstler*in auf ein Meisterwerk folgen lässt. Fakt ist auf jeden Fall: Eine leichte Angelegenheit ist das nicht. Das habe ich in den letzten Monaten wieder im Rahmen des neuen Lydmor-Albums festgestellt, wobei „Capacity“ letztlich ein Paradebeispiel ist, wie es eben doch klappen kann. Grundsätzlich steht beim dänischen Alternative-Pop-Geheimtipp (den ich aus Überzeugung nun schon jahrelang pushe und das auch weiter tue!) erstmal das eminent gute „I told you I’d tell them our story“ aus dem Jahr 2018. Ein Lebenswerk auf dem Jenny Rossander eine Identitätskrise und eine den Erzählungen zufolge verrückte Erfahrung in Shanghai vertont und die Seele musikalisch und atmosphärisch komplett offenlegt. Die Abfolge von „The mansion“ bis „Soft islands“ (aka die ersten zwei Drittel des Albums) sei hier nochmal ausdrücklich allen ans Herz gelegt, die kreative, nostalgische Popmusik zwischen Neonlicht und Strobo abfeiern (bisschen The-Knife-Vibes). Ihr seht, ich könnte ewig schwärmen und das macht es dem vor einigen Monaten angekündigten Nachfolger „Capacity“ natürlich nicht leicht. Als Fan habe ich der neuen Platte natürlich trotzdem eine Chance gegeben, wohlwissend, dass das „Shanghai-Album“ kaum getoppt werden kann. Wie begegnet man dem als Künstler*in nun am besten? Indem man es einfach gar nicht erst versucht. „Capacity“ ist anders: Konzeptionell und musikalisch gleichermaßen ambitioniert, dafür weniger aus einem Guss, insgesamt klanglich diverser und experimenteller. Thematisch teilt Lydmor weiter gegen patriarchische Kackscheiße aus (aka Logiken der Medienlandschaft und des Musikbusinesses) – eine Mission, die Jenny Rossander auch in der Öffentlichkeit verstärkt nachgeht und hier z.B. im choralen Opener „Amanda’s lullaby“ oder der wunderschönen Piano-Ballade „Emma spins“ vertont – letztere ist neben dem Billie-Eilish-esquen „LSD heart“ und dem pulsierenden Quasi-Titeltrack ein Paradebeispiel für die musikalische Diversität. Ansonsten fällt noch auf, dass die emotionalen Wutausbrüche (z.B. aus „Claudia“ und „Soft islands“) seltener geworden sind und durch stärkere Ausgeglichenheit in Tracks wie „Heavier in life“ oder „The gadget songs“ ersetzt werden. Dramatisch wird es trotzdem, in „Go slow but go“ (geiler Impromptu-Ausbruch in die sanfte Harmonie) und „Someone we used to love“, was mich als Einzeltrack am meisten packt. Im Album ist konzeptionell sehr viel versteckt, hierfür einfach mal eine ausführlichere Rezi lesen. Spannend finde ich abschließend noch die Aussage, das Album sei in drei Jahren entstanden: Eines komplett ohne Output als Klar-Kommen nach dem Vorgänger, eines der Überlegung (was kommt jetzt?) und eines der künstlerischen Kreation. lKann ich fühlen und beschreibt die Platte extrem gut. Falls es nicht klar geworden ist: Wieder mal absolute Empfehlung!

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