Metric? Wer ist das denn?
Eine Frage, die sich in Nordamerika nicht stellen würde. Fast eine Million Facebook-Likes sagen da alles. In den Staaten und in ihrem Heimatland Kanada laufen Metric zumindest in jedem etwas mainstream-orientieren Rock-Radio und füllen die Eishockeyhallen. Vor allem mit den Alben „Fantasies“ und „Synthetica“ gelang dem Quartett um Sängerin Emily der Sprung in diese Gefilden, der ihnen in Europa noch nicht gelang. Sechs Alben haben Metric-Fans (= ich) inzwischen im Regal stehen. Interessant dabei: Auch wenn der Stil immer irgendwie Indierock mit Elektro-Tüpfel bleibt, klingt jedes Album anders.
1) Was kann denn nun ausgerechnet „Grow up and blow away“?
2007 veröffentlicht zeigt „Grow up and blow away“ eine Seite von Metric, die ein Großteil der knappen Facebook-Million vermutlich gar nicht wirklich kennt. Die Gitarren treten größtenteils in den Hintergrund, der Pop dominiert und es gibt sogar ein paar wenige R’n’B-Einschläge. Ganz entscheidend ist jedoch auch auf dieser Platte die verzaubernde Stimme von Miss Emily Haines. Ein zuckersüßes Hauchen mit viel Luft, manchmal ein wenig nölig – auf jeden Fall aber faszinierend charakteristisch. Im Sprechgesang, in den Höhen: Sie gibt der ohnehin schon mysteriösen Wintermusik eine goldene Aura. Ok, genug Märchen erzählt. Mal wieder mehr konkretes.
2) Welches sind die großen Momente auf „Grow up and blow away“?
Der Flow, der Mood, die Atmosphäre. Vom titelgebenden Opener zum ruhigen „London halflife“ flowt „Grow up and blow away“ smooth voran. Kein Track klingt wie der vorige und doch vereinen sie sich gemeinsam zu einer triefenden, gleichförmigen Masse (im positiven Sinne). „Grow up and blow away“ eckt an keiner Stelle an. Nie fiept der Synthie zu sehr, nie ist die Background-Gitarre zu dominant oder die Lyrics zu plakativ. Metric kriechen gleitend voran und droppen dabei eine großartige Pop-Melodie nach der anderen.
3) Jetzt stell dich nicht so an – es muss doch herausstechende Tracks geben?
Ok ok. Meinetwegen. Der allerspannendste Teil von „Grow up and blow away“ ist wohl die Mitte. In „The Twist“ spricht Emily in Hip-Hop-Manier über einen ultra-coolen Beat und besingt einen One-Night-Stand: „I forget everything I used to know//How to leave the boy behind without having to watch him go“. Selbst der leicht kitschige Background-Gesang von Bandkollege Jimmy erlischt hier nicht die unterkühlte Sexiness. Groovy wird es in „Raw sugar“. „Still I wear that red dress, paint my toes and twirl“ singt Emily über einen funky Beat. Und alle sind in love. Der größte Hit ist dagegen das famose „On the sly“, dessen Refrain-Riff am ehesten an spätere Metric-Alben erinnert. So: da habt ihr drei Highlights.
4) Was muss ich wissen, um meine Freunde zu beeindrucken?
Die Platte wurde 2007 als drittes Album von Metric veröffentlicht, nachdem die Kanadier mit den zwei rockigen Vorgängern (bestes Beispiel: „Handshakes“) bereits die Runde gemacht hatten. Aufgenommen wurde es jedoch Anfang der 2000er, als Metric gerade erst zusammenfand. Noch vor dem letztlich als Debüt bezeichneten „Old world underground, where are you now?“ sollte „Grow up and blow away“ veröffentlicht werden – mit mehr Songs und in anderer Reihenfolge. Wurde aber nichts draus aufgrund von Plattenfirma-Gebitche. Also 1x verworfen und „Old world underground…“ gemacht. Dass das traumhafte Album aber nicht einfach so weggeschmissen werden konnte, wurde den Kanadiern ein paar Jahre später bewusst. DANKE für diese Einsicht. Fun-Fact: die meisten Songs sind sogar noch als Duo (Emily & Jimmy) entstanden.
5) Wann sollte ich „Grow up and blow away“ am besten auflegen?
An einem verschneiten, dunklen Wintertag. Das wird zwar so schnell nicht passieren, außer vielleicht in Kanada, ist aber tatsächlich der perfekte Moment, um diese verzaubernde Platte zu genießen. Letztlich ist „Grow up and blow away“ aber sehr vielseitig. Ich würde es eher als „Morgen-Album“ bezeichnen, da es in der angenehmen Kälte und Morgenstimmung am besten wirkt. Die smooth groovenden Songs eignen sich aber auch wunderbar um den späten Nachmittag/Abend einzuläuten. Auf der Hausparty sind sie dafür fehl am Platz, aber hey: ALLES geht dann auch wieder nicht. Nicht mal mit Emily am Gesang.
Ihr wollt ein Stücken Metric? Der Riesen-Ohrwurm „On the sly“ ist auf dem aktuellen that new music mix vertreten.