Parcels – Parcels (LP) | Review

Review zum Album „Parcels“ | Da ist es endlich. Nachdem Parcels mit kleinem Programm so ungefähr jede wichtige Bühne Europas live beglückt haben, geht die Erfolgsgeschichte der Exil-Australier nun mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum weiter. So ist das sehnlichst erwartete „Parcels“.

Parcels? Wer war das nochmal?

Wer in den letzten zwei Jahren nicht nur ein deutsches Indie-Festival besucht hat, kann an Parcels eigentlich nicht vorbeigekommen sein. Die fünf Australier haben in der jungen Vergangenheit nur mit einer EP und mehreren Singles im Gepäck von der kleinen Clubbühne bis zur großen Open-Air-Main-Stage fast alles bespielt – und dabei nicht nur ihre abgefahrenen 80s-Pornstar-meets-Hippie-Looks sondern auch herrlich groovenden Sommer-Pop öffentlich dargeboten. Neben zahlreichen, abgefeierten Konzerten konnten sich Parcels – inzwischen nach Berlin gezogen – auch andere Errungenschaften in den jungen Bandgeschichten-Schrank stellen. Für das bekannte „Overnight“ durften die jungen Langhaardackel mit den französischen Legenden von Daft Punk kollaborieren und schrieben gleich mal ein zweites, cooleres „Get lucky“. Es ist also bereits viel passiert im Leben von Parcels – nun soll die Erfolgsgeschichte mit Release des selbstbetitelten Debütalbums weitergeschrieben werden.

Wie ist das Album aufgebaut?

Rein äußerlich sind 12 Songs und 50 Minuten schon mal ziemlich respektabel, insbesondere wenn man bedenkt, dass Parcels sich das Leben auch sehr viel leichter machen hätten können. Mit Ausnahme der im Laufe des Jahres veröffentlichten Vorabtracks haben die Australier aber keine alten Stücke recycelt. Das flotte „Overnight“ fehlt genauso wie das fantastische „Gamesofluck“ oder „Hideaway“. Die neuen Lieblingssongs von Verehrern der Band heißen „Tape“, „Closetowhy“ oder „Exotica“. Viel neues Material also, welches sich außerdem als überaus divers entpuppt. „Withorwithout“ groovt im Midtempo und ganz ohne Discobeat voran und bekommt dabei sogar eine Akustikgitarre verpasst, wohingegen „Tape“ mit seinem analogen Bass und den vielen Keyboards ein klassischer, sommerlicher Tropic-Pop-Track ist. Nach dem langen Fast-Instrumental „Everyroad“ nehmen die Jungs mit „Yourfault“ ein bisschen das Tempo raus und zeigen sich in fast komplett unbekanntem Gewand. Nach den anfänglichen 3-Minuten-Stücken nimmt sich das Triple aus „Closetowhy“, „IknowhowIfeel“ und „Exotica“ jeweils über fünf Minuten Zeit und bietet so auch mal Instrumental-Teilen die Chance zur Entfaltung, was in „Closetowhy“ zum Beispiel im Synthesizer-Dschungel endet. Schließlich leitet das großartige, vorab bekannte „Tieduprightnow“ mit Whitest-Boy-Alive-Gitarre den Abschluss ein.

Was sind die großen Momente?

Eben angesprochenes „Tieduprightnow“ sollte mit seinem wilden Analog-Bass und der catchy Gitarre in keinem Sommerrückblick fehlen und erweist sich auch auf der Platte als komplettestes Stück, welches sogar den Über-Hit „Overnight“ in den Schatten stellt. Besonders gelingen Parcels auch die Übergänge zwischen ihren Songs – wie zum Beispiel im großartigen Doppel-Intro. „Comedown“ lädt mit schönen E-Piano-Flächen ganz wunderbar in die Platte ein und mündet schließlich im zweiten Versuch in das wahnsinnig tanzbare „Lightenup“. Ein Übergang, der genauso wie der abschließende zwischen „Bemyself“ und dem ulkigen Outro „Credits“ fast unbemerkt bleibt. So sehr haben Parcels in den vergangen Jahren ihren Signature-Sound entwickelt, der auch auf ihrem Debütalbum die DNA jedes Songs ausmacht. Aufregend wird es aber auch immer, wenn die Sunnyboys ein wenig aus ihrer Komfortzone ausbrechen wie im Fast-Neun-Minüter „Everyroad“, der im Sommer schon die Festivalplätze zum Beben brachte. Über Spoken-Work-Ausschnitte und ein hartnäckiges Riff baut sich das Stück langsam auf, ehe erstmals das charakteristische E-Piano-Motiv auftaucht und sich langsam nach oben schraubt und für einen waschechten Indie-Rave sorgt, der dank einer dicken Portion Streichern auch episch daherkommt. Nach kurzem Gesangsinterlude bricht der Song unerwartet aus. Darf man eigentlich gar nicht viel erzählen, hört einfach, wie es euch bei Minute 7:10 vollkommen aus den Socken haut.

Wann sollte ich die Platte auflegen?

Seit eh und je konnte man Parcels eigentlich keinen besseren Stempel als „Sommermusik“ verpassen. So leichtfüßig sind Gesang und Gitarre, so tropisch grätschen Bass, E-Piano und Synthie herein. Vielleicht liegt es auch nur am ungewöhnlichen Herbst-Release, aber mit ihrem Album beweisen sich Parcels als vielseitiger. Insbesondere der etwas besinnlichere, introvertierte Teil der Platte – abseits von den Knaller-Hits wie „Lightenup“ und „Tieduprightnow“ – passt auch in den grauen Herbst, der zwischen all dem Spekulatius-Essen und Tee-Trinken ja auch mal wehleidig machen kann. Nicht falsch verstehen! „Closetowhy“ oder „Withorwithout“ passen immer noch erschreckend perfekt zu Sommer, Sonne, Sonnenschein. Zwischen den Zeilen schwingt aber auch immer wieder ein Hauch Melancholie, der an einem späten Oktober-Nachmittag intensiver durchdringt – ein bisschen wie auf der dritten Kakkmaddafakka-Scheibe „KMF“. Vielleicht auch schön für Parcels, dieses Sommerklischee durch eine nicht unbedingt zu erwartende Tiefe und Abwechslung abzulegen.

Bereit? Dann hört euch jetzt „Parcels“ an.

Und tanzt mit den sympathischen Australiern auf Tour.

18.11. Köln – Live Music Hall
05.12. Stuttgart – LKA Longhorn
06.12. Wiesbaden – Kulturzentrum Schlachthof
10.12. München – Muffathalle
11.12. Dresden – Alter Schlachthof
12.12. Berlin – Astra Kulturhaus

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