Portrait + Interview von/mit der Band Pictures | Durch schwierige Zeiten sind sie gegangen, die Jungs von Pictures, die vor über zehn Jahren schon mal eine Band hatten. Der Neuanfang ist geglückt und entwickelt sich mit dem zweiten Album „Hysteria“ zu einer wunderschönen Geschichte. Zeit die Band im SHORTCUT kennenzulernen.
Gut getroffen:
Musikstil – das sagt die Band:
„Umarmender Songwriter-Rock – getränkt in blood, sweat and tears.“ steht im Facebook-Steckbrief. Ein schönes Zitat, geklaut vom stets genialen Kollegen Linus Volkmann.
So klingen Pictures wirklich:
Wie eine Rockband, die in fast allen Epochen existieren könnte bzw. hätte existieren können. Pictures brillieren mit ihrem organischen Klangbild und den melodischen Songs, die gut und gerne im gleichen Gewand auch in den 90ern ein Erfolg gewesen wären. Altbacken ist hier aber nichts, schließlich fallen Gitarre, Bass und Schlagzeug so schnell nicht aus der Zeit.
Mitglieder:
Maze, Michael, Ole und Markus heißen die vier Burschen, die sich den ungooglebaren Bandnamen Pictures zu Eigen gemacht haben. Seit 20XX sind die Vier unter diesem Alias aktiv – zu Beginn des Jahrhunderts kannte man die Truppe hingegen noch als Union Youth, die letztlich an vielen Problemen scheiterte und die Freundschaft der Jungs zerbrach. Pictures ist nun ein Neuanfang, fernab von Stress mit Drogen und Co. Sehr mutig, so zurückzukehren, allein dafür gebührt Pictures Respekt.
Besonderheit:
Die bestechende Einfachheit, die sich durch die Songs von Pictures durchzieht. Häufig tragen nur kleine Akkordfolgen die Stücke und setzen die kratzige Indie-Rock-Stimme von Maze (vergleichbar mit der von Jet-Kollegen Nic Cester) sowie die besondere Stimmung in den Vordergrund. Es breiten sich wärmende Klänge aus, die trotzdem voller Wehmut sind und teilweise so berühren wie Mid-Tempo-Britpop-Klassiker aus den 90ern.
Aktuelles Werk:
Das brandneue, zweite Album lauscht auf den Namen „Hysteria“, was aber zunächst eher im Gegenteil zum musikalischen Inhalt steht. Ein stringentes Stück folgt auf das nächste, sei es voller drückenden Gitarren („Lovely baby“) oder mit Klavier und Streicher-Synthies ausgestattet wie „Can’t stop loving“. Jeder Song hat seine Sahneseiten, die in „Little girl“ zum Beispiel in der vermittelten Stimmung liegen, im tollen „Because“ eher in der phänomenalen Hook. Dasa sehr ruhige „All I want“ zieht nach neun Songs ein Zwischenfazit, bevor auch auf der Schlussgeraden nochmal Gas gegeben wird, mit dem explosiven „Love’s a shooting gun“. Nach zwei Mid-Tempo-Tracks schließt in Form von „Don’t take your love away“ eine klassische Gitarren-Ballade „Hysteria“ rund ab.
Zentraler Song:
Nachdem sich im Laufe des Albums die Intensität infolge des dynamischeren Beginns immer mehr aufgebaut hat, spitzt sich diese im verzückenden „Modern stars“ zu. Pictures starten hier ungewohnt zurückhaltend und bauen über ein pluckerndes Klaviermotiv und episches Gitarren-Gezupfe langsam einen Stamp-Beat, der im Refrain auf einmal Flügel verleiht bekommt und sich schlagartig erhellt. Das erste Mal gleicht dieser Moment dem kurzen Auftachen einer Fata Morgana, die letztlich genauso schnell wieder verschwunden ist. Schließlich gibt sich „Modern stars“ dem Licht hin und gibt sich damit dem unwiderstehlichen Hit-Moment des Albums hin.
Fun-Fact:
Ich persönlich habe die Truppe kennen und lieben gelernt durch eine Unplugged-Aufnahme. Das akustische Gewand steht dem Vierer nämlich auch besonders gut, sodass sie nach dem Debütalbum gleich eine gesamte EP mit Akustik-Stücken bereitgestellt haben. Highlight ist das emotionale „Down under the hill“, welches in limitierter Instrumentierung noch stärker an stimmlicher Dynamik gewinnt.
Das sagen die Zyniker:
Diese E-Gitarren-meets-Lagerfeuer-Musik findet heute doch ernsthaft niemand mehr spannend, geschweige denn gut!
Passend zu:
„Hysteria“ ist eine Platte mit viel Herz und Emotion, die deswegen gut und gerne im unterbelichteten Zimmer an einem alleinigen Abend wieder etwas Licht in den Alltag bringen kann. Aufgrund der warmen Instrumentierung ist aber auch ein mittägliches Hören drin, um den Staub vom Küchentisch zu wischen oder einfach mal das kurzzeitige Erscheinen der Sonne zu feiern.
Zwei Fragen an Pictures
Wie ist es euch bei den Arbeiten zur zweiten Platte denn ergangen?
Im Vergleich zu PROMISE ging es wesentlich schneller. Das erste Album ist über einen langen Zeitraum in verschiedenen Sessions entstanden. Für HYSTERIA haben wir aber ganz gezielt an einem Album gearbeitet. Für die Basis sind wir in ein kleines Bauernhaus im Nirgendwo gefahren. Das Wohnzimmer haben wir zum Aufnahmeraum gemacht. Wir sind morgens aufgewacht und waren also direkt im „Studio“. Dann haben wir ein paar Stunden gespielt und aufgenommen und wenn wir keine Lust mehr hatten haben wir was anderes gemacht und dann wieder aufgenommen. Das war ziemlich entspannt und auch ziemlicher Kontrast zu unserer üblichen Herangehensweise. Und wir haben das vorallem auch genauso gewollt.
Wir waren da ca. 2 Wochen und hatten dann die Basis fertig. Ich glaube wir haben ca. 15 Songs aufgenommen. Danach haben wir den Gesang und alles was sonst noch fehlte im Cap Sound und in der Tonbrauerei in Berlin aufgenommen. Das hat dann doch etwas länger als erwartet gedauert. Ich glaube wir sind einfach keine „schnelle“ Band.
„Hysterie“ passt auf den ersten Blick nicht zu diesem – meiner Meinung nach – herrlich ausgeglichenen Album. Wie kommt es zu dem Namen? Welche Geschichte steckt hinter dem Bild, welches das Artwork eurer neuen Platte ziert?
Zuerst war das Cover da. Ich sah das Foto und darin eine so seltsame Geborgenheit. Die gleiche Geborgenheit, über die ich oft schreibe. Es war mir sofort klar, dass es das Cover für dieses Album sein musste. Irgendwann kam mir hysteria in den kopf und ich fand das sehr passend…Jeder Song steht schon für sich allein. Aber das, was immer wieder durchscheint, ist, dass irgendetwas fehlt. Es fällt mir schwer etwas zu fühlen und ich glaube, dass es sehr vielen so geht, ohne dass sie das bemerken. Wir lernen schon früh, dass wir unseren Ärger über irgendwas möglichst kontrolliert, sanft und produktiv los werden. Und Freude zeigen wir mit Emojis oder kleinen Videos. Mir fehlt das wahre Gefühl. Bei mir selbst aber auch in unserer welt. Hysterie zeigt ein Gefühl. Und das auch noch sehr sehr stark. Ich find es eh interessant, dass ein Wort, dass eigentlich Uterus bedeutet für eine negative Eigenschaft steht. Ich glaube, es ist ein sehr weibliches Album, jedenfalls fühlt es sich für mich so an.
Spannende Gedanken, oder? Wenn ihr euch auch so inspiriert fühlt, hört jetzt in „Hysteria“ rein und besucht Pictures im Frühling auf Tour.
28.03. Hannover, Lux
29.03. Hamburg, Molotow
30.03. Düsseldorf, The Tube
31.03. Köln, MTC
03.04. Leipzig, Täubchenthal
04.04. Wiesbaden, Schlachthof
06.04. München, Strom