Konzertbericht zu Schmutzki im Zoom, Frankfurt | Wenn sich eine Band auf der Bühne wohl fühlt, dann ja wohl Schmutzki. Die dauertourenden Stuttgarter spielen auch im Anschluss an ihr drittes Album „Mehr Rotz als Verstand“ einige Shows und beglücken damit den Schmutzki-Mob mit Realness und ganz ganz viel Nähe. Hier der Bericht zur zweiten Show im Frankfurter Zoom.
Anlass:
Im Hause Schmutzki gibt es ein drittes Album zu feiern. Über das spaßige, obgleich nicht weltverändernde „Mehr Rotz als Verstand“ habe ich mich an dieser Stelle schon ausführlich ausgelassen. Und auch wenn das Release für die Konzertpläne der dauertourenden Stuttgarter, die gerade im Sommer mal wieder nachmittags die Fans der Toten Hosen bespaßen durften, eigentlich unerheblich ist, geht es im Zuge der Veröffentlichung natürlich auf Konzertreise. Man muss ja schließlich den liebenswert benannten Schmutzki-Mob ein wenig bespaßen – auch abseits von Festival-Zeltplatz-Konzerten. Nach einem ersten ausverkauften Stop im legendären Leipziger Conne Island, steht am Samstag Abend Frankfurt auf dem Tourplan.
Timetable:
Der Kultur- und Bier-interessierte Musikliebhaber, der gleichzeitig auch ordentlich Konzerterfahrung vorweisen kann, denkt sich nichts dabei, wenn er wie ungefähr immer um 20:30 die Location in der Frankfurter Innenstadt anpeilt. Immerhin sollte man zu dieser Uhrzeit noch ein bisschen was vom spannenden Support-Act Tim Vantol mitbekommen. Pustekuchen. Schon am Eingang der Straße erklingen aus dem 1. Obergeschoss extrem bekannt vorkommende Töne, die der Alleinunterhalter an der Akustikgitarre wohl kaum von sich geben kann. Surprise! Schmutzki haben schon um kurz vor halb neuen die Bühne betreten, um das wohl strenge Konzertende um 22 Uhr einzuhalten. Asche auf mein Haupt! Ts ts ts. Und sorry, Tim Vantol – dafür sage ich jetzt allen Lesern, sie sollen mal reinhören. Herzchen!
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Venue:
Das Zoom ist ausverkauft! Großer Erfolg für Schmutzki, die damit auch die zweite Tour-Location rappelvoll machen. Und rappelvoll hat in dem sehr flachen Schuppen auch seine dementsprechende Bedeutung. Insbesondere im unteren Teil des Raums ist es zu Beginn extrem eng, erst langsam erweist der Pogo einen Dienst und sorgt für ein bisschen Luft – in jeglichem Sinne. Ansonsten gibt es nichts zu meckern. Sound gut, genau die richtige Lautstärke um einerseits die Band, andererseits die euphorisch mitsingenden Fans zu hören. Von der Decke tropft es schön, was dem anwesenden Publikum aber genauso wie die Bier-Schweiß-Schicht, die den Boden verziert, herzlich wenig ausmacht.
Dramaturgie:
Schmutzki spielen einen waschechten Mix aus ihren drei Platten sowie der Debüt-EP. Das neue Album „Mehr Rotz als Verstand“ wird dabei nicht mehr besichtigt als die älteren Werke, und die stärkere erste Hälfte der neuen Scheibe steht live im Vordergrund. Manche Songs wie „Beste Bar der Stadt“ und „Sturmfrei“ reihen sich gut ein, der früh kommende Titeltrack weniger, das starke „Mr. Dejot“ und das genial verrockte „Zu jung“ dafür umso mehr. Ansonsten können die Stuttgarter es sich leisten einen Knaller wie „Hey du“ ganz früh zu verheizen. Hintenraus kommen ja neben Krachern wie „Rodeo“ und „Krass gut“ auch noch die hymnischeren Songs wie „Dein Song“ oder „Erinner dich mal“. Ein unterhaltsamer Mix mit über 20 Songs, welcher knapp 100 Minuten dauert. Supi.
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SpecialFX:
Danny, Flo und Beat bleiben auf der Bühne ihrer DIY-Mentalität durchgehend treu. Lichteffekte oder Visuals sind sehr spartanisch gehalten – was anderes würde aber auch keinen Sinn ergeben. Fast durchgehend erscheint die Stage im roten Schmutzki-Licht, vereinzelt blitzen ein paar weißblaue Lichter, wenn Schmutzki die Disco-Rhythmen auspacken, wie in „Mr. Dejot“ oder „Spackos forever“. Ansonsten fällt auf, dass vor allem Schlagzeuger Flo im Nebel (oder ist es kondensierter Schweiß?) vollkommen untergeht. Vorne stehen Danny am Bass mit seinem gewohnt bizarren Tanktop und Beat an der Gitarre. Auch er bleibt ganz Farin-Urlaub-mäßig seiner klassischen Bühnenkleidung treu, die in dem Fall aus Basecap und Streifenshirt besteht. Die Jungs bewegen sich, so viel es die Musik zulässt und verteilen immer wieder Check-Fäuste oder Flaschenbiere an die ersten Reihen. Zu „Dein Song“ dürfen die Ultras (darf man an dieser Stelle tatsächlich so nennen) sich auch auf die Bühne setzen. Schönes Ding. Viel näher kann man seinen Fans nicht sein.
Publikum:
Sind alle da. Zwischen sauffreudigen Männern und wild tanzenden Mädels im roten Schmutzki-Shirt versteckt sich aber auch die ein oder andere, sagen wir, rausfallende Person. Wie bei einem Familientreffen gibt es neben ein paar älteren, aber umso tanzenderern Herrschaften auch Kids, die zwischen dem Bier-trinkenden Mob ein tolles Konzerterlebnis erleben und immer wieder von der Band erfeut abgeklatscht werden. Die 10-jährige (!) Leonie aus der ersten Reihe bekommt sogar von Beat noch eine Extra-Mention. Hach, toll für so kleine Wesen.
Moment des Abends:
Musikalisch sticht „Rodeo“ klar heraus. Von Beat mit „Wollt ihr ein bisschen Gänsehaut??“ angekündigt, fegt der melodische Track von „Bäm“ nicht nur wegen des euphorischen Gesangs live alles weg. Die Menge singt und hüpft, schreit sich die Seele aus dem Hals und die Band hat sichlicht den größten Spaß des ganzen Sets. Auch der Hinsetzteil entwickelt sich so langsam zum Klassiker, sodass Schmutzki beim Breakdown ganz Beatsteaks-like nur noch sagen müssen: „Ihr wisst jetzt, was kommt“. Jap, ist so. Gänsehaut kommt!
Und sonst so?
Leonie darf in der Zugabe zum ersten Mal stagediven und wird ganz behutsam über die Hände der Menge getragen. Noch nie ein so respektvolles Stagediving gesehen, nicht mal als Campino mit gebrochenem Bein und Krankenwage über den Ring getragen wurde. Andererseits: besser ist es! Ansonsten fällt vor allem ein Kollege aus dem Moshpit auf, der scheinbar derart Lust auf Rumschubsen und Schmutzki-Party hat, dass er sich die Chose auch mit Gips-Arm gönnt. Der bleibt dann eben stilecht die ganze Zeit über dem Kopf. Das, Leute, das ist Wille. Und Muskeln werden auch noch aufgebaut.
Gut getroffen:
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Hier könnt ihr euch Schmutzki die nächsten Wochen noch geben. Eure Stadt nicht dabei? Keine Angst – irgendwie kommen die Stuttgarter sicher noch bei euch vorbei.
19.10.2018 DE – Hamburg – Übel und Gefährlich
20.10.2018 DE – Berlin – Festsaal Kreuzberg
26.10.2018 DE – Köln – Luxor
27.10.2018 DE – Bochum – Rotunde
02.11.2018 DE – München – Backstage
03.11.2018 AT – Wien – Chelsea
09.11.2018 CH – Zürich – Exil
10.11.2018 DE – Stuttgart – Universum / AUSVERKAUFT