Das Songquartett wird in den USA volljährig. In der 21. Ausgabe erwartet euch wiederauferstandener Post-Punk von Wolf Parade, das musikalische Wunder Robert Finley, unerwartete Töne von FM Belfast und 1A-90s-Shoegaze von wy.
1) Wolf Parade – Lazarus online (Opener)
Sieben Jahre hat es gedauert, bis die nach Arcade Fire zweite Indie-Schrammel-Kapelle aus Montréal wieder von sich hören lässt. Die eher in Indie-Kreisen bekannten Wolf Parade haben ihre unbestimmte Pause beendet und melden sich mit ihrer bereits vierten Platte „Cry cry cry“. Mit dem Albumtitel beschreibt das Quartett da ganz gut, wie Teile der Hörer auf die Musik von Wolf Parade reagieren. Ihre emotional-euphorischen Stücke gehen sogar so weit, dass ein Fan meinte, die kanadische Kapelle habe ihr Leben gerettet. Diese Erfahrung wird von der Band im fantastischen Album-Opener sehr konkret verarbeitet und zum Thema von „Lazarus online“ gemacht. Was für ein Songtitel bereits. Zurück von den Toten im Internet. Ähnlich mysteriös ist der Sound von „Lazarus online“. Mit schöner Klavier-Melodie und Disco-Beat zieht der Track nach vorne und wartet im abgesetzten Refrain mit einem besonders schönen Teil auf.
2) Robert Finley – Medicine woman (Video)
Ach Dan Auerbach. Bereits in den letzten Jahren hat das Ryan-Gosling-Double neben seinem Hauptberuf bei The Black Keys schon das ein oder andere Album als Produzent aufgewertet. Man denke beispielsweise an das umwerfende, Grammy-prämierte „Tell me I’m pretty“ von Cage The Elephant oder an die letzte Platte von den Pretenders, der Auerbach die nötige Frische einhauchen konnte. Nun geht der Amerikaner den nächsten Schritt und gründet sein eigenes Musiklabel. Der erste Act, der sich die Ehre erweisen darf, überzeugt dabei gleich mit dem ersten Track und Video: Robert Finley haucht seinem bluesigen Auerbach-Rock eine dicke Portion Soul ein und imponiert mit seiner rauchigen Whiskey-Stimme. Der Sänger aus Louisiana ist dabei bereits ein richtig alter Hase. Nach einer Karriere in der Military-Band hat Robert Finley Jahrzehnte lang Musik ausschließlich als Hobby gemacht, bis er aufgrund des Verlustes seines Augenlichts erst die Hilfe einer Organisation bekam und schließlich von Dan Auerbach entdeckt wurde. Auf seinem Label eröffnet Finley am 8. Dezember sein zweites Album „Goin’ platinum“, dem er mit „Medicine woman“ einen berührenden Song mit einem ästhetischen USA-Video (kann man so sagen) vorausschickt. Jetzt schon größere Vorfreude auf die Platte als auf die Adventszeit.
3) FM Belfast – You’re so pretty (Hit)
Schon immer dienten FM Belfast am besten als musikalische Konfetti-Maschine. Insbesondere die abgedrehten Live-Shows der Isländer sorgen für Luftschlangen-Eskalation und wildes Getanze. Der Electro-Pop-Act aus Rejkjavik überzeugte aber auch stets auf Platte und bringt nun bereits die vierte Platte „Island broadcast“ raus. Auf dieser lassen es Loa, Arni und Co. ein wenig ruhiger und vertrackter angehen. Die Beats sind ab und zu komplizierter und die immer noch kindlich wirkende Musik geht nicht immer den einfachsten Weg. Auch auf dem Album ist übrigens das bereits vor einem Jahr veröffenltichte „You’re so pretty“. Während die Single als einzelner Track zunächst nicht zünden konnte, entfaltet das von Loa gesungene Stück im Mittelteil von „Island broadcast“ seine addiktive Wirkung. Mit mäandernder Percussion und einer fast schon dunklen Harmonie passt „You’re so pretty“ damit schön in die Winterzeit. Ob mit Konfetti oder nicht.
4) Wy – Hate to fall asleep (Ballade)
Was gab es nicht für tolle Musik in den 90ern. Nein, ich rede nicht vom Eurodance. Ebenfalls nicht vom Grunge- und Britpop-Hype – obwohl diese selbstverständlich heute am meisten nachklingen. Doch auch der ebenso fantastische Shoegaze feiert gerade ein Comeback auf der sphärischen Musik-Party. Neben den neuen Platten der Helden von Slowdive und Ride machen aber auch immer ganz junge, neue Bands mit Shoegaze-Platten oder zumindest Shoegaze-Elementen auf sich aufmerksam. Nachdem letztens Wolf Alice mit ihrem Opener „Heavenward“ überzeugten, findet nun ein neuer Act hier berechtigt seinen Platz. Das Duo Wy kommt mit schleppenden Crunchy-Gitarren und weiten Klangfeldern um die Ecke und lullt mit seinem Debüt „Okay“ zeitweise richtig ein. Manchmal wird das ein kleines wenig viel – an vielen einzelnen Stellen verzaubert das Paar aus Malmö aber besonders. Das charakteristische „Hate to fall asleep“ verbreitet beispielsweise düstere Stimmung, vergisst das erscheinende Licht am Ende der Dunkelheit aber nicht und imponiert überdies mit einer eingängigen Melodieführung, die beinahe Pop-Züge aufweist. Eine sehr schöne Ballade.