THE EARLY DAYS COMPILATION? Was soll das denn sein?
Zwei wunderbare Institutionen in der deutschen Musikwelt hängen mit der Entstehung dieses Samplers zusammen. Auf der einen Seite ist da das kleine, aber feine Label Unter Schafen Records, welches das ein oder andere Leckerli im Programm hat. So hatte der kleine Kölner Schuppen u.a. bei Blackmail, ABAY, Metric, Life in Film und den Stars seine Finger im Spiel. Zu hören gibt es die große Vielfalt von Unter Schafen Records übrigens auch auf einem wirklich guten Label-Sampler. Und ein Sampler ist auch das aktuelle Projekt der Schafen-Bande: Gemeinsam mit den King Kong Kicks – bekannt aufgrund ihrer bundesweiten, schweißtreibenden Indie-Parties – veröffentlichen sie nun „The Early Days“. Ein genialer Zusammenschnitt aus New Wave, Post-Punk, Brit-Pop und mehr – auf der gleichnamigen, alternativen Party-Reihe des King-Kong-Kicks-Kollektivs aufbauend.
Was hat die Tracklist so zu bieten?
Eine 22-Lieder-lange Reise durch drei Jahrzehnte besonderer Musik, dessen Bedeutung und Wirkung Max Gruber (Drangsal) im Booklet so wunderbar auf den Punkt bringt. Dabei zieht sich größtenteils ein düsterer Wave-Sound durch die gut 80 Minuten. Heißt auf gut deutsch: Klassiker wie Joy Division, oder The Cure, deren moderne Varianten (Editors, Foals), etwas elektronischere Klänge (Crystal Castles) und in der Szene beliebte Acts wie Wire und The Jesus And Mary Chain. Neben dem deutschen Doppel mit IDEAL und Profil gibt es auch lang vergessene Gruppen wie Martha & The Muffins und einige eher unbekannte Bands wie die britischen UV Pøp. Hui, das war viel Namedropping. Schön ist bei der Tracklist, dass von den alten Hasen nicht unbedingt die Gassenhauer vertreten sind, sondern sorgfältig ausgewählte, passendere Tracks. „Where is my mind?“ von den Pixies ist da wohl die einzige Ausnahme. Von The Cure gibt es „Jumping someone else’s train“, von den Foals das hektische „Two steps, twice“. Man merkt: Bei der Selektion waren Profis am Start.
Was sind die großen Momente auf „The Early Days“?
Schwierig bei einer derart diversen und doch gleichförmigen Mischung einzelne Momente herauszufischen. Der Joy-Division-The-Cure-Beginn gelingt; mit dem genialen „An honest mistake“ von The Bravery wird dann die Power und Energie erhöht und im bereits erwähnten „Two steps, twice“ der Foals zum Höhepunkt geführt. Nach einer kleinen Old-School-Session um die legendären, deutschen Tracks und das wunderbare „Echo beach“ (Martha & The Muffins) überzeugt dann der Mittelteil erneut vollends. Das spritzige „The geeks were right“ von The Faint gibt die Richtung an und der beste Editors-Song „All sparks“ verbreitet Gänsehaut. Im fetten Neuentdeckungs-Sandwich (UV Pøp und The Robocop Kraus) brilliert außerdem das überaus fesche „Crimewave“ von den Crystal Castles mit seinen unterkühlten Elektro-Spielereien. Auch am Ende hält „The Early Days“ die Spannung hoch und schwenkt gekonnt zwischen Melancholie (Sad Lovers & Giants mit „Things we never did“) und Tanzen (Chrome und „In a dream“). Okay, das waren jetzt viele große Momente – sorry!
Passen die Songs auch wirklich zusammen?
Nicht so wie auf einem perfekten Mixtape oder einem guten DJ. Aber anders. Zwischen einzelnen Tracks gibt es durchaus mal relativ harte Stilbrüche wie beispielsweise vor IDEAL oder nach The Robocop Kraus. Das ist aber auch gar nicht schlimm. Hier passen nicht einzelne Outros und Intros von Songs zusammen, hier geht es um die im Gesamten verbreitete Stimmung. Die Grundatmosphäre ist homogen und einzigartig. Da fällt höchstens das etwas ausgenudelte „Where is my mind?“ ein wenig heraus – dies mag aber ein persönliches Problemchen sein, da es sich soundmäßig trotz allem gut einordnet. „The Early Days“ ist somit nicht das perfekt konstruierte Mixtape, in dem jeder Song zu dem nächsten passt. Das will es aber auch nicht sein. Vielmehr schafft die Compilation einen großartigen Überblick über einen bestimmen Musikstil mit einer außergewöhnlichen Herangehensweise. So wirken die ohnehin schon fragmentarischen Stücke noch ein wenig spannender und besonderer.
Wann sollte ich „The Early Days“ auflegen?
Der Sampler kann aufgrund seines Drives und seiner Tanzbarkeit ohne Weiteres so ungefähr jeden Abend unterstützen. Selbst für Menschen, die sich jener „dunklen“ Musik sonst nicht zuwenden, sind hier genug Kopf- und Arschwackler vorhanden, um die Stimmung zu heben. Ganz wunderbar eignet sich „The Early Days“ aber auch zur persönlichen Rezeption. Wer beim Lesen dieses Textes auch nur eine der erwähnten Bands besonders mag, kann hier unglaublich viele Entdeckungen machen. Und eben auch mal erfahren, von welchen Acts diese ganzen, heute so weit verbreiteten 80s-Einflüsse eigentlich ursprünglich stammen. Neben einer Handvoll modernen Acts schickt „The Early Days“ den Hörer nämlich vor allem auf eine Abenteuerreise vergangener Jahrzehnte, auf der man auch als Musikinteressierter ganz viel lernen und entdecken kann. Und das sage ich jetzt aus eigener Erfahrung. Vielleicht max. 20% gekannt und 80% durch „The Early Days“ neu entdeckt. Also nix wie ran, durchhören und mit zur nächsten Party bringen!
„The early days“ erscheint am Freitag den 30. Juni. Außerdem gibt es einen Haufen Release-Partys in den folgenden Wochen:
Fr., 30.06. – Bochum, Rotunde
Fr., 07.07. – Berlin, Lido
Fr., 07.07. – Köln, Heinz Gaul
Sa., 08.07. – Dresden, Rosis
Sa., 15.07. – Hamburg, Molotow
Sa., 22.07. – Chemnitz, Nikola Tesla
Sa., 22.07. – Nürnberg, Stereo
Sa., 22.07. – Göttingen, Eins B
Auf that new music blog wird die außergewöhnliche Veröffentlichung mit „An honest mistake“ und „All sparks“ im that new music mix gefeiert.