Theodore – Inner dynamics (LP) | Review

Review zu „Inner dynamics“ von Theodore | 12 Points für Griechenland? Dieses Jahr gibt es mit Theodore und seinem Album „Inner dynamics“ zum zweiten Mal Musik aus dem Land der Philosophen – und das auch ganz ohne ESC. Auf dieser episch, fast klassischen Platte gibt es ohnehin so viel mehr zu entdecken. Hier in der Review.

Theodore? Wer ist das denn?

Ein talentierter, bärtiger Mann aus einem Land, welches ansonsten in der hiesigen Pop-Kultur nur eine marginale Rolle spielt: Griechenland. Nachdem Leon of Athens am Anfang des Jahres nicht nur mit seinem proklamatischen Namen sondern auch einer abwechslungsreichen, modernen Indie-Platte verzückte, nun also ein weiterer Solo-Künstler. Ähnlich wie Leon hört man Herrn Theodore aber nicht an, dass hinter der unter seinem Namen erscheinenden Musik nur eine Person steckt. Der Multi-Instrumentalist fungiert als Songwriter und holt sich für die opulente Instrumentierung ordentlich Hilfe ins Studio und auf die Bühne. Einen Longplayer namens „It is but it’s not“ hat Theodore bereits auf dem Buckel – auf der folgenden Tour wurde der Grieche mit mehreren Auszeichnungen überschüttet, wie z.B. der „Besten Performance“ beim 2017er Reeperbahn Festival. Nach einer Schreibblockade und einer durchbrecherischen Zeit in Hamburg ist mit „Inner dynamics“ nun das zweite Album fertig.

Welche Instrumente sind auf „Inner dynamics“ zu hören?

Ein beeindruckendes Sammelsorium an Instrumenten strukuriert die gut 50 Minuten Musik, die „Inner dynamics“ zu bieten hat. An allen Enden strotzt die Platte vor Epicness – dabei gibt es abseits der cineastischen Streicher, die übrigens von einem Ensemble aus Katar eingespielt wurden, noch eine Vielzahl anderer Instrumente. Zwischen die organischen Klänge zwängt sich beispielsweise in „Floating“ auch mal ein Synthesizer. „More than one“ und „Towards“ lassen schließlich Platz für eine orchestrale Orgel, wobei vor allem letzteres ähnlich wie „Spit blood out“ vom virtuosen E-Bass lebt. Ein klassisches Piano drückt „For a while“ gar einen Jazz-Touch auf, wohingegen „Naive“ eine Gitarre verpasst bekommt, die verstörend eingestreut wird,

Wie ist das Album aufgebaut?

Theodore startet sein zweites Werk mit zwei ausufernden Tracks, die bereits zuvor ausgekoppelt wurden. Die fantastischen „Towards“ und „Disorientation“ knacken beide die Sechs-Minuten-Marke und stechen nicht nur aufgrund des erhöhten Gesangsverhältnisses aus der Platte heraus. Im weiteren Verlauf von „Inner dynamics“ verfließen die Stücke immer mehr ineinander, was bereits das folgende Doppel „For a while“ und „Alcyone“ zeigt. Viel instrumentaler und ausgeglichener zeigt sich Theodore hier, ehe „Naive“ die Dramatik zurückbringt. Es folgen zwei Acht-Minüter, von denen vor allem in „Floating“ extrem viel passiert. „Not for you“ schwingt hingegen schwerelos vor sich hin und leitet langsam das Abschlussdrittel ein, welches zunächst etwas schwungvoller gerät, dann aber einen majestätischen Abgang mit friedvollem Outro liefert.

Was sind die großen Momente?

Als Gesamtsong schießt das eröffnende „Towards“ komplett den musikalischen Vogel ab. Der Track hat vom perfekt einleitenden Intro bis zum intensiven Schlussteil extrem viel zu bieten. Ganz wundervoll: Der Moment vor dem Refrain, wenn der in die Höhe gehende Gesang traumhaft mit einem Gitarren-Synthie-Effekt verschmilzt und traumhaft in den folgenden, treiben Teil gesampelt wird. Auch das folgende „Disorientation“ steht dem in wenig nach. Die befreiende Hook lässt die epischen Streicher erklingen und holt für einige wenige Momente Teile des Woodkid-Albums zurück – mit dem Unterschied, dass hier der majestätische Bläser-Einsatz nur einige Sekunden dauert und dafür umso intensiver erschaudern lässt. Viele weitere schöne Momente folgen im weiteren Verlauf von „Inner dynamics“ – doch nie wird es so schön wie im abschließenden „Fluttering“. Ein simples Piano wird hier von gefühlvollen Drums begleitet und durchläuft dabei eine träumerische Harmonie. Langsam steigt das Streicher-Ensemble ein und bringt den Track im zweiten Teil – wenn es nach kurzem Break wieder von vorne beginnt – auf den finalen Höhepunkt.

Wann sollte ich die Platte auflegen?

Eigentlich fehlt „Inner dynamics“ sehr wenig zu einem Werk klassischer Musik. Wer in der Mitte des Albums sich nicht die Mühe macht mit dem Auge über die Track-Anzeige zu huschen, der kann sich zu Theodore’s zweitem Album klipp und klar selbst vergessen und voll und ganz wegtauchen. Aber auch für nicht spirituelle Trips gibt die Platte etwas her. Der zum Montags-Blues passende Dunkel-Spaziergang kann beispielsweise mit der Platte auf den Ohren von einer kurzen Viertelstunde, die einfach nur zum Luft holen gedacht ist, gut und gerne mal auf 54 Minuten anwachsen. Bis die letzten Töne verstummen und der fantastische Closer „Fluttering“ einen nach einer musikalisch aufregenden Stunde wunderschön in die nicht mehr so traurige Leere entlässt.

Lust auf eine musikalisch aufregende Stunde? Auf geht’s!

Außerdem könnt ihr Theodore an diesen Daten live in Deutschland erleben.

23.11.18 Lübeck, Treibsand
24.11.18 Kiel, Hansa48
26.11.18 Leipzig, Die Nato
27.11.18 Köln, MTC
28.11.18 Berlin Musik & Frieden
29.11.18 Hamburg, Häkken
30.11.18 Bremen, Kleinkunstbühne
01.12.18 Celle, MS Loretta

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